Matthias Hedegger ist landwirtschaftlicher Meister, studierter Agrar- und Umweltpädagoge und seit kurzem Landesleiter der Österreichischen Hagelversicherung in Salzburg. Im Interview mit der BauernZeitung spricht er über Klimawandel, Unwetterschäden und die Notwendigkeit der Vorsorge.
BauernZeitung: Der heurige Unwettersommer war im negativen Sinn eine Zeit der Superlative. Die Schäden durch Hagel und Starkregen waren in der österreichischen Landwirtschaft enorm. Wie sieht die Schadensbilanz für Salzburg aus?
HEDEGGER: Die sich ständig wiederholenden Unwetter führen uns klar vor Augen, dass der Klimawandel mit seinen Wetterextremen die Landwirtschaft fest im Griff hält. So auch im heurigen Jahr. Neben Hagel und Überschwemmungen war auch die Dürre im Grünland ein heißes Thema. Wie teuer uns das zu stehen kommt, zeigt das heurige Schadensausmaß. Allein in Salzburg beträgt der Schaden an landwirtschaftlichen Kulturen aufgrund von Dürre, Hagel, Sturm und Überschwemmung 3,5 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr gab es bei den Schadensmeldungen bis Mitte September einen Zuwachs von knapp 300 Prozent. Diese immensen Summen zeigen uns, was mangelnder Klimaschutz kostet – und das alleine in Salzburg.
Oft werden die Unwetterkatastrophen als Quittung der Erderwärmung tituliert. Bauern werden dabei gern als Hauptverursacher dargestellt. Wie sehen Sie das?
Faktum ist: Die Landwirtschaft ist mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel von den zunehmenden Wetterextremen als erste und am stärksten betroffen. Sie ist sozusagen Klimaopfer Nummer 1. Gleichzeitig ist sie aber auch Klimaschützer Nummer 1. Der einzige Sektor, der auf Klima- und Kyotokurs liegt, ist die Landwirtschaft. Im Zeitraum 1990 bis 2020 konnten die CO2-Emissionen um 14 Prozent reduziert werden. Im Vergleich dazu sind die CO2-Emissionen beim Verkehr im selben Zeitraum um 49 Prozent gestiegen. Boden- und Klimaschutz haben also in der Landwirtschaft oberste Priorität – sind wir doch auf eine produktive Landwirtschaft angewiesen, deren Ernten eine wachsende Bevölkerung ernähren muss.
Sie unterrichteten an der Fach-schule Winklhof. Welche Tipps haben Sie für die Agrarprofis von morgen?
Als Lehrer in der landwirtschaftlichen Fachschule Winklhof hat es mir immer große Freude bereitet, den Bäuerinnen und Bauern von morgen mein Wissen weiterzugeben. Schon immer war ich der Ansicht, dass den Innovationen in der Landwirtschaft keine Grenzen gesetzt sind. Durch den Ideenreichtum, die Motivation und die Offenheit der jungen Agrarprofis bin ich zuversichtlich, dass die österreichische Landwirtschaft eine grüne Zukunft haben kann. Fakt ist jedoch, dass Wetterextreme weiter zunehmen werden und aus Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, sich dagegen finanziell abzusichern. Daher empfehle ich, eine Ernteversicherung abzuschließen. Diese Risikovorsorge sehe ich als Notwendigkeit für jeden Betrieb.
Als Vertreter der Hagelversicherung sind Sie quasi Dienstleister der Landwirtschaft. Was verbindet Sie damit?
Die Landwirtschaft hat immer einen großen Teil in meinem Leben eingenommen. Sie hat mich von Kindesbeinen an begleitet, sie hat mich bei der Wahl meiner Ausbildung gelenkt und inspiriert mich bis heute. Es gibt immer etwas zu verbessern und auszuprobieren, wenn die Stellschrauben auch noch so klein sind. Als Landwirt weiß ich, wie wichtig rasche Hilfe und ein offenes, kompetentes Ohr im Schadensfall sind. Schon als Sachverständiger für die Österreichische Hagelversicherung konnte ich den Landwirten in Krisensituationen zur Seite stehen. Nun habe ich als Landesleiter die Möglichkeit, meinen Berufskollegen noch treffsicherer zu helfen. Der Zusammenhalt in der Landwirtschaft motiviert mich dabei jeden Tag aufs Neue.
Die Hagelversicherung weist immer wieder auf den fortschreitenden Klimawandel hin. Gibt es noch Auswege? Wie können Landwirte darauf reagieren und was kann der einzelne Bürger tun?
Es steht außer Streit, dass der Klimawandel gebremst werden muss. Landwirte können kurzfristig mit Maßnahmen wie Hagelnetzen oder einer trockenresistenteren Sortenwahl im Bereich der Dürre auf den Klimawandel reagieren. Wenn wir aber ernsthaft einen Ausweg aus der Klimakrise erreichen wollen, dann müssen wir langfristig denken und dann müssen wir alle unseren Beitrag leisten und der Realität ins Auge sehen. Als Bauer sage ich, beim Griff ins Supermarktregal müssen wir den heimischen statt weitgereisten Produkten den Vorrang geben.
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