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Claudia Hude

Franz Eßl: 22 Jahre unsere verlässliche bäuerliche Stimme im Parlament


Nach 22 Jahre im Nationalrat verabschiedete sich Franz Eßl vergangene Woche von der politischen Bühne in Wien. Die Vertretung der Bäuerinnen und Bauern bleibt eine Herzensangelegenheit.  Foto: Franz Eßl

Seit 2002 vertrat Franz Eßl die Interessen der ländlichen und im Besonderen der bäuerlichen Bevölkerung im Nationalrat. Nach über zwanzig Jahren verabschiedet er sich nun von seiner vielfältigen und umfassenden Tätigkeit im Parlament. Im Interview mit der Bauernzeitung geht es nicht nur um Erinnerungen, sondern vor allem um Themen, die für Franz Eßl wichtig sind.

 

BAUERNZEITUNG: Was prägt die Tätigkeit eines Abgeordneten im Rückblick?

EßL: Fürs erste bin ich dankbar, dass ich als Lungauer die Möglichkeit hatte, meinen Wählerinnen und Wählern im Nationalrat eine Stimme zu geben. Der Lungau als kleinster Bezirk hat knapp 20.500 Einwohner. Für ein Mandat sind allerdings mehr als 27.000 Wählerstimmen erforderlich. Dennoch wurde ich sechs Mal in den Nationalrat gewählt. Zum Zweiten muss jeder Abgeordnete aber auch zur Kenntnis nehmen, dass eine gute Idee allein nicht genügt. Es ist notwendig, dass mehr als die Hälfte der Abgeordneten zustimmen, sonst ist die beste Idee nichts wert.


Du bist seit knapp drei Jahrzehnten – die Funktion als Salzburger Landwirtschaftskammerpräsident miteingeschlossen – ein verlässlicher Ansprechpartner für die Bäuerinnen und Bauern im Land. Warum ist eine bäuerliche Stimme im Parlament so wichtig?

Weil Bäuerinnen und Bauern Praktiker sind und wissen, wie sich ein Gesetzesbeschluss im täglichen Leben auswirkt. Gerade wenn es um das Thema Tierschutz oder um das Thema Naturschutz geht, dann ist Hausverstand und Augenmaß notwendig. Praxisferne Vorschriften und Verbote sind nicht mein Zugang. Ich stehe für eine Politik, die Anreize schafft. Daher auch mein größtes Unverständnis für das EU-Renaturierungsgesetz und meine nachdrückliche Ablehnung der EU-Entwaldungsverordnung.

 

Viele Jahre warst du auch ÖVP-Tierschutzsprecher. Was konntest du da bewirken?

Mir war es wichtig, dass Maßnahmen beschlossen werden, die von den Betroffenen auch umsetzbar sind. Dafür ist es notwendig, diese bei der Entscheidungsfindung mitzunehmen. Das bedeutet, diejenigen die Vorschriften umsetzen müssen, müssen überzeugt sein, dass die Regeln sinnvoll, richtig und machbar sind. Mit dem Beschluss der 10%-Toleranzgrenze bei Maßen und Werten ist ein großartiger Erfolg gelungen, den ich verhandeln durfte. Tausende bäuerliche Betriebe haben sich teure Umbauten erspart, ohne dass Tierwohl merklich geschmälert wurde.

 

Was war dir an Schwerpunktsetzungen noch wichtig?

Bergbauernpolitik war natürlich ein Kernthema. Bereits als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Bergbauernfragen ist es mir gelungen mit der AZ Neu ein Regelwerk auszuverhandeln, das heute noch Gültigkeit hat. Beim Thema Wolf gibt es dank Minister Norbert Totschnig nun endlich Bewegung. Bereits seit dem internationalen Bergbauernkongress in St. Johann/Pg. im Jahr 2017 gibt es von mir die Forderung nach einem wolffreien Alpenraum und der Abänderung der FFH-Richtlinie. Dazu habe ich auch Petitionen im Parlament eingebracht. 

 

Wie wichtig sind außerlandwirtschaftliche Politikbereiche?

Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik wird nicht in der Agrarpolitik gestaltet, darum ist es unabdingbar sich überall einzumischen. Z.B. in der Verkehrspolitik geht es nicht nur um die Straßenverkehrsordnung. Es geht um die Infrastruktur in unserem Land und hat somit großen Einfluss auf das bäuerliche Leben. Was Finanz- und Steuerpolitik anbelangt, gilt es, regelmäßig Forderungen nach Abschaffung von Einheitswert und Pauschalierung entgegenzutreten oder eine Kürzung der nationalen GAP-Mittel sowie der Agrargelder abzuwehren. Diese konsequent einzufordern, stößt nicht automatisch bei allen auf Verständnis und bedarf daher einer erheblichen Hartnäckigkeit.

 

Als langjähriges Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates hast du deine Stimme auch über die Landesgrenzen hinaus für ökosoziale Marktwirtschaft und den Erhalt des bäuerlichen Wirtschaftens erhoben. Warum? 

Österreich ist nicht allein auf der Welt. Es gibt ein Zusammenspiel in Europa und im Weiteren auf globaler Ebene. Wenn man die Möglichkeit hat, muss man sich einbringen, wenn auf internationaler Ebene Regeln geschaffen oder geändert werden. In einer der letzten Plenarsitzungen des Europarates habe ich eingefordert, die ökosoziale Marktwirtschaft als Voraussetzung bei internationalen Handelsverträgen zu implementieren. Darüber hinaus ist im Kampf gegen den Hunger in Teilen der Welt eine Stärkung der bäuerlichen Lebensmittelproduzenten ein wirksames Mittel. Dazu gehört eine ordentliche Entlohnung und die Stärkung des Eigentums.


 

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